Pleurotus cornucopiae
Rillstieliger Seitling
In Mitteleuropa kommen drei an Holz wachsende Seitlingsarten vor, die man recht gut voneinander unterscheiden kann, falls sie ihre typischen Merkmale deutlich zeigen – aber genau das ist leider nicht immer der Fall. Ein vereinfachter Bestimmungsschlüssel für typisch ausgebildete Funde könnte so aussehen:
1 | Lamellen bis zum Stielgrund herablaufend | Rillstieliger Seitling |
---|---|---|
1* | Lamellen nicht bis zum Stiegrund herablaufend | 2 |
2 | Hut elfenbeinweißlich bis blass graubräunlich | Lungenseitling |
2* | Hut grau, stahlgrau bis stahlblau | Austernseitling |
Rillstielige Seitlinge mit untypisch nicht sehr weit am Stiel herablaufenden Lamellen könnten mit Lungen- oder Austernseitlingen mit untypisch weit herablaufenden Lamellen verwechselt werden, wie auch untypisch dunkle Lungenseitlinge nur schwer von untypisch hellen Austernseitlingen zu unterscheiden sind. Für Küchenmykologen ist eine sichere Trennung der drei Arten nicht von Bedeutung, denn sie sind alle essbar.
Zumindest für erfahrene Pilzfreunde, die auch mikroskopieren, lässt sich der Rillstielige Seitling anhand seiner Hutfleischstruktur von seinen beiden Verwandten sicher trennen. Er hat eine dimitische, aus generativen und Skeletthyphen bestehende Trama, Austern- und Lungenseitling dagegen besitzen ein monomitisches Hyphensystem, das nur aus Generativhyphen besteht. Dem Hobbymykologen hilft das nicht weiter.
Unterzieht man die Beschreibungen der Hutfarben in diversen Publikationen einer kritischen Betrachtung, kommt man zu dem Schluss, dass es Überlappungen gibt und sie infolgedessen und bei nicht typischer Ausprägung kein hinreichend sicheres Trennmerkmal darstellen.
Hutfarben (zitiert von/aus: Ewald Gerhardt, Andreas Gminder, Parey, Moser, Großpilze BWs, Internet: 123pilze, wikipedia, u. a.
Rillstieliger Seitling: hellbraun, graubraun, gebbraun, graubräunlich, fleischbraun, fuchsig braun, falb ocker
Austernseitling: silbergrau, graubräunlich, stahlgrau, taubenblau, schiefergrau, schwarzgrau, dunkelbraun, ockerbraun, bräunlich ausblassend, kastanienbraun, olivlich
Lungenseitling: milchweiß, cremeweiß, grauweiß, hellbeige, grau, bräunlich, schmutzig graubräunlich
Zur Irritation trägt mitunter auch die Auswahl der Fotos bei: So sieht bei wikipedia der Austernseitling eher wie ein Rillstieliger aus und der Rillstielige eher wie ein Austernseitling. Im Handbuch für Pilzfreunde (Andreas Gminder) werden die Verwechslungsmöglichkeiten nicht einmal erwähnt.
Dass der Geruch in der Praxis bei der Bestimmung hilfreich sein kann, ist unbestritten – aber nicht jeder ist in der Lage, Gerüche eindeutig zu identifizieren. Zudem fehlt es vor Ort in der Regel an Vergleichsmöglichkeiten. Laut wikipedia riecht der Rillstielige Seitling mehlartig, der Austernseitling jung angenehm, alt muffig, der Lungenseitling frisch nach Anis. Die von vielen Autoren und auch von Sammlern in Spiel gebrachte Komponente „pilzartig“ besagt genau genommen gar nichts.
Mit ins Kalkül gezogen werden muss wohl auch die Tatsache, dass durch aus Zuchtbetrieben ausgebüchste Arten sich mit wild wachsenden vermischen könnten, was die Seitlingsproblematik noch verschärft.