Russula aurora
Netzflockiger Rosatäubling
Kurzbeschreibung: Mittelgroßer, mit Laubbäumen vergesellschafteter, milder, geruchloser Täubling mit rotem Hut, weißen Lamellen, weißem, oben netzig gepudertem Stiel, zu einem Drittel abziehbarer Huthaut, roter Sulfovanillin-Reaktion, weißem Sporenstaub und in der Huthaut inkrustierten Primordialhyphen.
Lebensweise: Der Netzflockige Rosatäubling ist ein Pilz unserer Laubwälder. Er geht eine Mykorrhiza mit Rot- und Hainbuchen, Eichen, aber auch Fichten ein. An die Bodenbeschaffenheit stellt er keine besonderen Ansprüche, man findet ihn sowohl über Buntsandstein als auch über Muschelkalk.
Makroskopische Merkmale:
Rothütige Täublinge gibt es viele, ca. dreißig Arten in Mitteleuropa. Beim Netzflockigen Rosatäubling handelt es sich um eine mittelgroße Art mit einem etwa bis 10 cm breiten Hut. Man findet Exemplare in himbeerrot, rosa, orange, auch intensiv rosenrot, wobei die Hutmitte gerne in Richtung orange, gelb oder creme ausblasst. Nuancen in Richtung violett gibt es nicht. Die Huthaut ist je nach Witterung zu einem Drittel bis zur Hälfte des Radius abziehbar. Die Lamellen sind anfangs weißlich, nehmen während des Wachstums aber rasch einen Cremeton an, der gegen das reinweiße Fleisch stark kontrastiert. Sie sind dichtstehend, in Stielnähe vielfach gegabelt, jedoch kaum mit verkürzten Lamellen untermischt.
Geschmack | Sporenpulver | Abziehbarkeit der Huthaut | Chemische Reaktion mit FeSO4 | ||
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mild | weiß | 1/3 bis 1/2 | schwach rosa |
Der Stiel ist zylindrisch bis keulig und weitet sich typischerweise oben wieder auf. Er ist weiß, bereift und im oberen Drittel netzflockig. Dieses Merkmal ist nicht immer stark ausgeprägt, hat ihm aber seinen deutschen Namen verliehen. Es kommt ab und zu vor, dass am Stiel ein schwach rosa Reflex wahrnehmbar ist. Der Sporenstaub ist direkt nach dem Ausfallen weißlich, verfärbt sich aber bereits nach ein bis zwei Tagen in Richtung creme.
Das Fleisch ist reinweiß und anfangs fest. Später wird es im Stielinneren schwammig. Ein Geruch ist nicht feststellbar; der Geschmack ist zuerst mild, wird nach längerem Kauen jedoch ganz schwach bitter.
Makrochemische Farbreaktionen: Eisensulfat färbt das Fleisch unmittelbar schwach rosa. Wichtiger ist die typisch rote Farbreaktion mit Sulfovanillin. Für diesen Test sollte der Fruchtkörper mindestens zwei Stunden lang auf dem „Dörrex“ vorgegetrocknet werden. Das Foto oben rechts zeigt die Farbreaktionen nach einer Minute Einwirkzeit. Links, am frischen Fruchtkörper, erkennt man allenfalls einen Hauch von rot. Rechts, am vorgetrockneten Fruchtkörper, erfolgt die Verfärbung unmittelbar. Sie ist anfangs intensiv kirschrot und ändert sich langsam in Richtung rotviolett.
Mikroskopische Merkmale:
Seit den Sechziger Jahren ist bei Täublingen die Huthaut als wichtiges Merkmal nicht mehr wegzudenken. Um es auf den Punkt zu bringen: Bei scharf schmeckenden Täublingen untersucht man die Huthaut auf das Vorhandensein von Pileozystiden, bei mild schmeckenden auf das von inkrustierten Primordialhyphen, die bei unserem Fund vorhanden waren.
Vorgehensweise: Ein winziges Huthautfragment wird für 2 Min. in Karbolfuchsin gefärbt. Dann wird das Karbolfuchsin abgezogen und das Präparat in Wasser gewaschen. Nun entfärbt man für 10 Sek. in 2-3-prozentiger Salzsäure. Dann wird die Salzsäure abgezogen, das Präparat in Wasser gewaschen und in Wasser mikroskopiert. Das Ergebnis zeigt deutlich, dass inkrustrierte Primordialhyphen vorhanden sind. Sie sind schlank, etwa 2 - 4 µm dick und mit einer rot gefärbten Inkrustierung umgeben, die sich teils mantelartig, teils tröpfchenartig zeigt.
Sporen von Täublingen und Milchlingen untersucht man in Melzers Reagenz. Diese Flüssigkeit ist jodhaltig und färbt die stärkehaltigen Sporenornamente blauschwarz. Die Sporen unserer Art sind ellipsoid, teils isoliert warzig, teils gratig, teils sind die Warzen duch Grate oder schmale Linien verbunden. Auch findet man Bereiche mit zebraartig gestreifter Ornamentation. Ornamente und Hilarfleck sind stark amyloid. Gemessen werden die Sporen ohne ihre Ornamente.
Es ergaben sich mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit für 22 zufällig ausgewählte, repräsentative Sporen folgende Hochrechnungen: L x B = 6,9-8,5 x 5,2-6,5 µm (Qav = 1,28 - 1,35); Lav x Bav = 7,5-7,8 x 5,7-6,0 µm (Vav = 128-146 µm3)
Belege (Exsikkate) sind hinterlegt in den Fungarien KR (Staatl. Museum für Naturkunde Karlsruhe), STU (Staatl. Museum für Naturkunde Stuttgart), TUF (Universität Tartu, Estland)
Verwechslungsmöglichkeiten:
In Mitteleuropa und wahrscheinlich auch in Deutschland gibt es etwa dreißig rothütige Täublingsarten. Sehr ähnlich, man könnte sagen „eine Zwergausgabe“ der hier beschriebenen Art, ist der Kleine Rosatäubling (Russula minutula). Verwechselbar wären wohl auch der Rotbereifte Täubling (Russula roseipes) und der Rubinrote Täubling (Russula zvarae), zwei offenbar sehr seltene Arten.
Weiterführende Literatur:
- BREITENBACH, J. & KRÄNZLIN F. (2000): Pilze der Schweiz Bd. 6, Russulaceae: Nr. 208
- EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern. Hoppea 43: Nr. 124
- MARXMÜLLER, H. (2014): Russularum Icones Bd. II: 392-395
- MICHAEL, M., Hennig, B. & Kreisel, H. (1983): Handbuch für Pilzfreunde Band V Blätterpilze – Milchlinge und Täublinge: Nr. 102
- https://de.wikipedia.org/wiki/Netzflockiger_Rosa-T%C3%A4ubling