Elaphomyces granulatus
Kleinwarzige Hirschtrüffel
Irgendwelche Trüffeln wachsen wohl in jedem Wald. Es müssen nicht gleich echte sein, die ein Vermögen kosten können; meist sind es solche, an denen nur Rotwild und Wildschweine Geschmack finden. Zu diesen gehören die Hirschtrüffeln, von denen in Deutschland lt. Verbreitungsatlas (Krieglsteiner*, 1993) vier nachgewiesen sind. Die häufigste ist die Kleinwarzige Hirschtrüffel. Sie wächst unterirdisch, ihre Anwesenheit kann aber manchmal durch auf ihr parasitierende oberirdische Kernkeulen angezeigt werden, wie wir es Jahr für Jahr in einem Roteichenforst bei Rodgau-Dudenhofen beobachten können. Hier muss der Untergrund nur so von Hirschtrüffeln wimmeln, auf denen die verräterischen Kernkeulen Cordyceps longisegmentis und Cordyceps ophioglossoides wachsen.
Die rundlichen knollenförmigen Fruchtkörper erreichen Durchmesser von 2 bis 5 cm und sind gelb- bis ockerbräunlich gefärbt. Ihre Oberfläche ist fein warzig, die Rinde etwa 2 mm dick (jung dicker!) und weißlich, oft lila angehaucht. Das Innere ist grob gekammert und zerfällt im Reifezustand zu schwarzem Pulver. Ähnlich ist die Stachelige Hirschtrüffel Elaphomyces muricatus, die sich sicher mikroskopisch unterscheiden lässt. Ihre rundlichen Sporen messen bis zu 25 µm, die der Kleinwarzigen bis zu 42 µm. Die lassen sich sogar schon mit einer guten Lupe als kleine schwarze Punkte erkennen.
Ende 2017 enthielt meine regionale Verbreitungskarte drei Fundmarkierungen, die sich mit denen der parasitierenden Zungenkernkeule deckten. Danach kam Tui Gewalt auf die Idee, im von Wildschweinen aufgewühltem Waldboden nach Hirschtrüffeln zu suchen und wurde auf Anhieb auch ohne oberirdische Kernkeulen fündig. Seither kamen 5 weitere Fundpunkte hinzu und es ist mit weiteren zu rechnen.
Über die Heilwirkung der Hirschtrüffel ist schon in früheren Jahrhunderten spekuliert worden. So wurde der Pilz 1820 von Nees von Esenbeck als Elaphomyces officinales beschrieben. Der von ihm gewählte Artname officinales bedeutet immerhin „heilkräftig“ bzw. „in der Apotheke verwendbar“. Er soll Potenz, Libido, Fruchtbarkeit und Milchfluss fördern, blutreinigend wirken und sogar die Pest bekämpfen. Seine veterinärmedizinische Bedeutung wurde so beschrieben:
Der Hirschtrüffel (damals Boletus cervinus oder auch Hirschbrunst genannt), der mit seinen hodenähnlichen Fruchtkörpern dort gedeihe, wo der Hirsch seinen Samen verloren hat…“
Er soll Männern die Kraft eines brünstigen Hirsches verleihen und in Skandinavien sollen sie Frauen ins Essen gemischt worden sein, „um ihre Liebeslust zu wecken“.
Auch heute noch bezeichnen manche Quellen (z. B. 123pilze) die Hirschtrüffeln als Vitalpilze und Heilmittel gegen Krebserkrankungen und Rheuma. Bei wikipedia will man von medizinisch relevanten positiven Wirkungen dagegen nichts wissen sondern verweist darauf, dass sie hohe Mengen an radioaktivem Caesium speichern und in Mitteleuropa das Fleisch von Wildschweinen noch immer mit dem Fallout von Tschernobyl belastet ist.
- Macau, 29.11.2010: In der chinesischen Sonderverwaltungszone Macau hat Kasino-Tycoon Stanley Ho für den Rekordpreis von 250 000 Euro zwei weiße Trüffel aus Italien ersteigert: Die eine wog fast ein Kilo, die andere ein halbes.
Weiterführende Literatur:
- Heilsam und aphrodisierend – für Mensch und Tier, Tintling 3, 2018, S. 99
- Stille, G.: Krankheit und Arznei: Die Geschichte der Medikamente (Springer-Verlag 1994)