Rhizopogon obtextus
Gelbliche Wurzeltrüffel
Wenn bei einer Pilzwanderung das Wort Trüffel fällt, werden sogleich die Ohren gespitzt und manchem läuft das Wasser im Mund zusammen. Kein Wunder bei Preisen von bis zu 6000 € pro Kilo der edelsten Sorten. Rekord: Bei einer Auktion in Rom im November 2008 wurde eine 1080 g schwere weiße Trüffel für 158.000 € versteigert! Leider sind wir hier weder in Italien noch im Périgord – und das Wort Trüffel ist mehrdeutig. Was bei uns zu finden ist, sind Hirsch-, Schleim- und Wurzeltrüffeln, und die haben mit den delikaten Knollen nur einen Teil des Namens gemeinsam. Sie gehören z. T. nicht einmal derselben Pilzklasse an. Aber lesen Sie erst einmal, was sich am 28.10.2007 im Sandhorst-Wald bei Dietzenbach und an den Tagen danach ereignet hat:
28. Oktober, ca. 11:30 Uhr. Unsere FundGroup entdeckt bei ihrer Exkursion am Rand des Eulerwegs unter Kiefern einen knolligen, semihypogäischen Pilz. Er sieht aus wie eine kleine Kartoffel. Um welche Art handelt es sich? Wenn es die Gelbliche Wurzeltrüffel ist, wie wir vermuten, wird sie sich bei den gegenwärtig recht kühlen Temperaturen mit der Selbstbestimmung noch etwas Zeit lassen. Das mit der „Selbstbestimmung“ darf übrigens wörtlich genommen werden. Beim altersbedingten Zerfließen wird sie sich durch einen unbeschreiblich grässlichen Jauchegestank verraten. Warten wir es also ab…
14:00 Uhr. Das Unikat wird auf einem Balkon in Dietzenbach zwischengelagert. Noch stinkt es nicht …
30. Oktober, 10:00 Uhr. Konsistenz schon etwas weicher. Fängt an zu muffeln …
15:00 Uhr. Das anrüchige Teil wird für ein Belegfoto mit in den Wald genommen. Es ist nicht mehr ganz taufrisch und entsprechend schlecht die Qualität der Abbildung.
16:45 Uhr. Muffeln kann man das nicht mehr nennen. Im Vergleich dazu gibt die Stinkmorchel einen verführerischen Wohlgeruch ab.
31. Oktober, 9:00 Uhr. Quelle odeur! Die Bestimmung ist gesichert. So stinkt nur Rhizopogon obtextus, die Gelbliche Wurzeltrüffel. Einen so markanten Geruch sollte man den übrigen Exkursionsteilnehmern nicht vorenthalten. Das Belegexemplar wird in eine Plastiktüte gepackt, diese mit Tesafilm luftdicht verschlossen.
1. November, 9:00 Uhr. Der Gestank beginnt durch die Verpackung zu diffundieren. Ich bin besorgt, dass sich die Nachbarn bald beschweren werden.
5. November, 10:00 Uhr. Am Treffpunkt vor der nächsten Pilzwanderung wird die Wundertüte geöffnet. Die Teilnehmer sind beeindruckt! Schlimmer könnte der Kontrast zwischen einem edlen Speisetrüffel und unserem Fund nicht sein.