Russula alnetorum

Grünerlen-Täubling

Romagn. 1956
Familie: Russulaceae
© Bernd Miggel
alnetorum = Erlen zugehörig
Foto: Uwe Winkler

Der Grünerlen-Täubling Russula alnetorum ist meines Wissens neben dem Gilbenden Erlentäubling Russula pumila die einzige Täublingsart, die eine Mykorrhiza mit Erlen eingeht. Es handelt sich um eine kleine, gebrechliche, geruchlose, scharf schmeckende Art mit meist violettrotem Hut, blassen Lamellen und weißem, grauendem Stiel. Man findet sie in höheren Lagen auf feuchten Böden bei Grünerlen (Alnus viridis), während Russula pumila in der Ebene auf feuchten Böden bei Grauerlen (Alnus incana) und Schwarzerlen (Alnus glutinosa) wächst. Höhenlage und Erlenart sind also wichtige Kriterien, um die beiden Arten im Feld zu unterscheiden. Die abgebildeten Pilze wurden von Uwe Winkler am Furka-Pass (Schweiz) auf 1900 m über NN und von Bernd Miggel im Schwarzwald gefunden. In der Roten Liste Deutschlands (2016) wird der Grünerlen-Täubling in der Kategorie 1 (vom Aussterben bedroht) eingestuft.

Foto: Uwe Winkler

Makroskopische Merkmale:

Die Fruchtkörper des Grünerlen-Täublings sind klein und gebrechlich mit Hutdurchmessern von meist bis zu 4 cm, maximal 6 cm. Die Hutfarbe ist dunkel weinrot, purpurviolett, dunkelviolett bis fast schwarz, in der Mitte stets dunkler als am Rand. Auch ausgeblasste Formen kommen vor. Der Hutrand ist nicht oder nur kurz gerieft, die Huthaut feucht glänzend und bis zur Hälfte des Radius abziehbar. Die Lamellen sind sehr fragil, stehen entfernt, sind so gut wie nicht mit Lamelletten untermischt, besitzen kaum Gabelungen oder Anastomosen. Sie sind weiß und bekommen im Alter einen Graustich. Der Stiel ist fragil, zylindrisch, weiß und graut im Alter stark. Bei älteren Fruchtkörpern ist er ausgehöhlt (kaverniert), ähnlich dem Hohlstieltäubling Russula cavipes. Bei Russula pumila kommt noch ein deutliches Gilben des Stiels hinzu. Das Fleisch in Hut und Stiel ist sehr porös, anfangs weiß, später grauend und bei R. pumila zusätzlich etwas gilbend. Der Pilz ist geruchlos und schmeckt vorübergehend schärflich bis deutlich scharf.

Foto: Uwe Winkler

Frisch ausgefallenes Sporenpulver ist weiß bis weißlich, Ia-b nach der Farbtafel in MARXMÜLLER, H. (2014).

Geschmack Sporenpulver Abziehbarkeit der Huthaut Chemische Reaktion mit FeSO4
schärflich bis scharf weiß - weißlich bis 1/2 schwach graugelblich
Foto: Bernd Miggel

Mikroskopische Merkmale (weitgehend nach MARXMÜLLER, H. (2014)):

Sporen („sp“ in der Abbildung): ellipsoid mit bis zu 0,7 µm hohen Warzen, die durch Grate oder feine Verbindungen teilnetzig bis netzig verbunden sind. Sporengröße: 7 - 9 x 6 - 7 µm (zum Vergleich bei R. pumila: 7 - 11,2 (-13) x (6-) 7 - 8 (-9))

Abbildung Helga Marxmüller (links R. alnetorum, rechts R. pumila)

Die Epikutis besteht aus Epikutishaaren und Pileozystiden. Die Epikutishaare („eh“) sind kurz- bis mittellanggliedrig, teils gewellt und bis etwa 5 µm breit. Die Pileozystiden („pz“) sind ein- bis dreizellig, bis 8 µm breit und in Sulvobenzolaldehyd (SBA) grauend.

Zusammenfassung der Unterschiede zwischen Grünerlen-Täubling (R. alnetorum) und Gilbendem Erlentäubling (R. pumila):

Habitat:
R. alnetorum: feuchte Grünerlengebüsche der Hochlagen
R. pumila: feuchte Zonen bei Grau- oder Schwarzerlen der Ebene

Grauen und Gilben der Fruchtkörper:
R. alnetorum: nur Grauen
R. pumila: Grauen und gleichzeitig Gilben

Sporengröße:
R. alnetorum: 7-9 x 6-7 µm
R. pumila: 7-11,2 (-13) x (6-) 7-8 (-9) µm

Notizen: Einige Autoren wie auch das Index Fungorum synonymisieren Russula pumila mit Russula alnetorum. Ich bin hier der Auffassung von EINHELLINGER, A. (1985), JAHN, H. (1976), MARXMÜLLER, H. (2014), ROMAGNESI, H. (1985) sowie der Roten Liste Pilze Deutschlands (2016) gefolgt, die Russula pumila als eigenständige Art anerkennen.
Aus molekularbiologischer Sicht lassen sich nach Ansicht von Felix Hampe (private Mitteilung) die beiden Taxa Russula alnetorum und Russula pumila klar auseinanderhalten, was auch in MARXMÜLLER, H. (2014) auf Seite 681 zum Ausdruck gebracht wird.

Ähnliche Täublinge: Der Milde Wachstäubling (Russula puellaris) ist ebenfalls klein und gebrechlich. Doch bei ihm gilbt der gesamte Fruchtkörper, die Hutfarbe enthält keine Violettanteile, der im Geschmack ist völlig mild und er geht keine Mykorrhiza mit Erlen ein. Der Wechselfarbige Speitäubling (Russula fragilis) ist ebenfalls klein, jedoch nicht derart gebrechlich wie die Erlentäublinge. Außerdem riecht er deutlich nach Früchtebonbons, schmeckt immer deutlich scharf und geht keine Mykorrhiza mit Erlen ein.

Weiterführende Literatur:

  • EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern. Hoppea, Denkschr. Regensb. Bot. Ges. 43: Nr. 6 (R. alnetorum), Nr. 117 (R. pumila)
  • GALLI, R. (1996): Le Russule: 212 - 213
  • JAHN, H. (1976) – R. pumila, Westf. Pilzbriefe Bd. 10/11 (R. pumila)
  • MARXMÜLLER, H. (2014): Russularum Icones: 358 - 361
  • ROMAGNESI, H. (1985): Les Russules d' Europe et d'Afrique du Nord. Neudruck der Ausgabe von 1967 mit Ergänzungen: 479-480 (R. alnetorum), 1012 - 1013 (R. pumila)
  • ROMAGNESI, H. (1985): Les Russules d' Europe et d'Afrique du Nord. Neudruck der Ausgabe von 1967 mit Ergänzungen: 479-480 (R. alnetorum), 1012 - 1013 (R. pumila)
  • https://www.speciesfungorum.org/Names/SynSpecies.asp?RecordID=305347
Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Bernd Miggel.
Zuletzt aktualisiert am 15. September 2023