Lactarius bertillonii

Scharfer Wollmilchling

(Neuhoff ex Z.Schaef.) Bon 1980
Familie: Russulaceae
© Bernd Miggel
Neuer Name: Lactifluus bertillonii
bertillonii = zu Ehren von L.-A. Bertillon
Reife, robuste, dickfleischige Fruchtkörper mit samtigem, weißlichem bis hellockerfarbigem Hut, kurzem, stämmigem, ockerfarbigem Stiel und entfernt stehenden, ockerfarbigen Lamellen (Foto: Peter Reil)

Nur Milchlingskennern ist bekannt, dass es zwei Arten von „Wollmilchlingen“ gibt. Neben dem gut bekannten, häufig vorkommenden Wolligen Milchling Lactarius vellereus, der auch als „Erdschieber“ bekannt ist, findet man noch den hier beschriebenen, seltenen Scharfen Wollmilchling Lactarius bertillonii. Seine Mykorrhizapartner sind Laubbäume wie Eichen, Rotbuchen, Esskastanien, Birken. Die Rote Liste gefährdeter Pilze Deutschlands (2016) führt ihn in der Gefährdungskategorie D (Daten unzureichend).

Kollektion recht junger, hellockerfarbiger Fruchtkörper mit eingerolltem Hutrand (Foto: Karl Wehr)

Makroskopische Merkmale:

Junge bis reife Fruchtkörper mit eher dicht stehenden Lamellen. Der orangefarbige Fleck zeigt die Farbreaktion mit Kalilauge (Foto: Thomas Glaser)

Fruchtkörper sehr groß, robust und festfleischig. Hut bis zu 20 cm breit, schon jung flach ausgebreitet mit eingerolltem Rand, sich dann stark vergrößernd und verbreiternd, dabei den Rand meist noch eingerollt behaltend. Hutoberfläche wollig-filzig, trocken, matt, weißlich oder cremefarben, später – vor allem zentral – auch ockerfarben. Lamellen dicklich, am Stiel herablaufend, stark mit Lamelletten untermischt, ab und zu gegabelt, jung dicht-, alt dicht- bis entfernt stehend, jung weißlich, später ockerfarben. Stiel kurz, dick, trocken, samtig, anfangs weißlich, später ockerfarben. Fleisch im Hut dick, im Stiel voll, weiß, sehr fest, nahezu hart, Fleischgeschmack scharf. Sporenabwurf weiß.

Farbreaktion der Milch mit KOH innerhalb weniger Minuten (Fotos: Peter Reil)

Milch weiß, an der Luft weiß bleibend, mit KOH deutlich orange verfärbend. Geschmack der abgetropften Milch sehr scharf. Um den Milchgeschmack der Wollmilchlingsarten zu beurteilen, muss man die herausquillende Milch unbedingt abtropfen lassen und dann die abgetropfte Milch probieren.

Mikroskopische Merkmale:

Sporen ellipsoid bis lang ellipsoid, 6,5 - 10 x 5 - 7,5 µm, Schlankheitsgrad Q 1,1 - 1,6. Die bis 0,2 µm hohe Ornamentation besteht aus winzigen Warzen und Graten, die vielfach über feinste Linien miteinander verbunden sind.

Sporen in Melzers Reagenz (Foto: Peter Reil) -- Radialschnitt der Huthaut (Foto: Karl Wehr)

Die Epikutis (Huthaut) besteht aus dickwandigen, 3 - 5 µm dicken und bis zu 300 µm langen Haaren, einem sogen. „Lamprotrichoderm“.

Ähnliche Arten:

Der Wollige Milchling (Lactarius vellereus) ist rein makroskopisch nicht zu unterscheiden. Doch ist bei ihm stehen die Lamellen reifer Fruchtkörper immer entfernt, und die abtropfende Milch ist mild bis fast mild und verfärbt sich mit Kalilauge nicht. Die Sporen sind etwas gedrungener.
Beim Pfeffermilchling (Lactarius piperatus) ist die Hutoberfläche fast glatt. Auch stehen die Lamellen wesentlich dichter und besitzen immer einen gewissen Orangeton. Mit Kalilauge verfärbt sich die Milch nicht.
Der Gemeine Weißtäubling (Russula delica) sowie der Schmalblättrige Weißtäubling (Russula chloroides) sehen unserer Art ähnlich, doch besitzen sie keine Milch, und ihre Sporenornamentation ist mit 1,2 µm wesentlich höher.

Weiterführende Literatur:

  • BASSO, M.T. (1999): Lactarius Pers. Fungi Europaei 7: 709 - 713
  • HEILMANN-CLAUSEN, J., VERBEKEN, A. & VESTERHOLT, J. (2000): The genus Lactarius: 254 - 255
  • KRÄNZLIN F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6, Russulaceae: Nr. 8
  • NEUHOFF, W. (1956) – Die Milchlinge (Lactarii). – In: Die Pilze Mitteleuropas Bd. IIb: 93 - 94
  • VERBEKEN A. et al. (2018): Lactarius Pers. In: Flora Agaricina Neerlandica, Volume 7: Nr. 29.05
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Scharfer_Woll-Milchling
Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Bernd Miggel.
Zuletzt aktualisiert am 2. März 2024