Lorcheln

von Dieter Gewalt
Die bekannteste Lorchel dürfte die Frühjahrslorchel sein, ein delikater, aber potentiell tödlicher Giftpilz

Lorcheln sind vielgestaltige Pilze, die in diversen Gattungen und Familien stehen, aber alle zu den Ascomyzeten zählen. Sie treten in den unterschiedlichsten Formen auf, in Hut und Stiel gegliedert oder auch ungestielt, becher, schalen- oder auch tellerförmig, mit glatten, faltigen, gerippten oder runzeligen Oberflächen. Ascomyzeten werden auch Schlauchpilze genannt und unterscheiden sich von den zahlreicheren Ständerpilzen (Basidiomyzeten), indem sie ihre Sporen in sogenannten Schläuchen (Asci) und nicht wie zum Beispiel Steinpilz, Champignon oder Fliegenpilz an Ständern (Basidien) bilden. Dabei handelt es sich um Merkmale, die nur mit dem Mikroskop erkennbar sind.

Eine eindrucksvolle Gestalt ist die Bischofsmütze Gyromitra infula, gerunzelt und flach wie ein Teller die Scheibenlorchel

Speisepilzsammlern kann nur der pauschale Rat gegeben werden, Lorcheln zu meiden. Eine der bekanntesten ist die Frühjahrslorchel Gyromitra esculenta, die noch im 20. Jahrhundert als Speisepilz galt, vielerorts sogar Marktpilz war, allerdings damals schon mit der Einschränkung, sie erst nach sorgfältiger Vorbehandlung in die Pfanne zu geben, um sie im wahrsten Sinne des Wortes zu „entgiften“. Lesen Sie dazu auch unseren informativen Fundkorb-Artikel „Ein delikater Giftpilz“. Der wissenschaftliche Artname „esculenta“ steht auf irreführende Weise für „essbar“ und darf aus nomenklatorischen Gründen auch nicht der neuzeitlichen Realität angepasst werden. Bei den deutschen Namen könnte sich neben Frühjahrslorchel auch Giftlorchel durchsetzen.

Gestielte oder ungestielte Fruchtkörper in der Gattung Helvella: Hochgerippte und Schwarzweiße Lorchel

Zu den artenreichsten Lorchelgattungen gehört mit weltweit etwa 40 Spezies Helvella. In Mitteleuropa dürften es etwa 20 sein. Unter ihren Vertetern sind einige wenige, die in der Litaratur als essbar angegeben werden, vor denen inzwischen aber ebenfalls gewarnt wird. Zwei von ihnen verdienen besondere Beachtung:

Herbstlorchel Helvella crispa -- Grubenlorchel Helvella lacunosa

Sowohl die Herbst- wie auch die Grubenlorchel sind die einzigen, die von diversen Autoren als essbar angegeben werden, was von anderen inzwischen aber in Zweifel gezogen wird. Da ihnen geschmacklich ohnehin keine empfehlenswerte kulinarische Bedeutung zugebilligt wird, ist der Verzicht aufs Sammeln kein Verlust. Die Herbstlorchel kann jedoch einem Pilzgericht wenn schon nicht geschmacklich so doch optisch einen dekorativen Reiz verleihen. Dazu schneidet man die vielgestaltigen Stiele in dünne Scheibchen und gibt sie mit in die Pfanne. Aufgrund ihrer etwas knusprigen Konsistenz geben sie dem Gericht sogar noch zusätzlich ein wenig Biss.

Herbst- und Grubenlorchel sind in unseren Wäldern übrigens typische Wegrandpilze und realtiv häufig. Völlig anders gestaltet sind zum Beispiel die Langfüßler und eine sehr spezielle Besonderheit stellt die Wurzellorchel Rhizina undulata dar, die nur auf ausgedehnten relativ frischen Brandstellen vorkommt.

Grauer Langfüßler Helvella macropus -- Wurzellorchel Rhizina undulata

Lorcheln und Lorchelartige im Fundkorb:

Discina ancilis - Scheibenlorchel
Gyromitra esculenta - Frühjahrslorchel (Giftlorchel)
Gyromitra infula - Bischofsmütze
Helvella acetabulum - Hochgerippte Lorchel
Helvella costifera - Grauweiße Becherlorchel
Helvella crispa - Herbstlorchel
Helvella elastica - Elastische Lorchel
Helvella lacunosa - Grubenlorchel
Helvella leucomelaena - Schwarzweiße Lorchel
Helvella macropus - Grauer Langfüßler
Rhizina undulata - Wuzellorchel

Verwechseln sollte man keinesfalls Morcheln mit Lorcheln. Zitat t-online/essen und trinken:

Nur ein Buchstabe unterscheidet Lorchel und Morchel - geht es um den Verzehr, wird dieser Unterschied überlebenswichtig.“

Morcheln gehören zwar auch zu den Ascomyzeten, sind mit den Lorcheln aber nicht näher verwandt. Sie zeichnen sich durch wabenartig gekammerte rundliche oder zugespitzte Hüte aus und gelten als ausgezeichnete Speisepilze. Wer auf Google die Frage stellt, ob Morcheln und Lorcheln das Gleiche sind, erhält folgende zumindest in ihrem zweiten Teil geradezu lächerliche Antwort:

Während der Hut der Morchel Vertiefungen aufweist, die Bienenwaben ähneln, lässt sich die giftige Lorchel an ihren Windungen erkennen, die an Würmer erinnern und nach außen gewölbt sind.“

Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 16. März 2024