Dachpilze (Pluteus)

von Dieter Gewalt

Dachpilze sind Blätterpilze, die saprobiontisch auf Totholz wachsen, das auch vermodernd im Boden vergraben sein kann. Weltweit gibt es ca. 50 Arten, etwa 40 davon sind auch in Mitteleuropa nachgewiesen. Sie haben alle rosafarbenes Sporenpulver, das einen leicht bräunlichen Beiton haben kann und bei Reife die hellen weißlichen Lamellen junger Pilze entsprechend verfärbt. Dachartig abgeflachte Hüte (Name!) kommen auch in zahlreichen anderen Gattungen vor.

Die Lamellen sind frei, das heißt, sie reichen nicht bis an den Stiel heran. Die vollfleischigen Stiele sind längsfaserig, haben weder einen Ring (Velum partiale) noch eine häutige Scheide am Stielgrund (Velum universale), und lassen sich leicht vom Hut abtrennen. Freie Lamellen und rosafarbenes Sporenpulver haben auch die Scheidlinge (Gattung Volvariella), die allerdings eine ausgeprägte häutige Scheide am Stiel besitzen.

Rehbrauner Dachpilz (Pluteus cervinus)

Wirklich häufig ist nur der Rehbraune Dachpilz Pluteus cervinus. Das heißt aber nicht, dass er unverwechselbar wäre. Es gibt zahlreiche ähnliche Arten, die oft nur anhand mikroskopischer Merkmale unterschieden werden können. So beginnen die gebräuchlichen dichotomen Bestimmungsschlüssel bereits mit Fragen nach der mikroskopischen Beschaffenheit der Huthaut und der Zystiden.

Nicht gerade selten aber keinesfalls häufig sind die folgenden Arten:

Runzeliger Dachpilz (Pluteus phlebophorus) -- Seidiger Dachpilz (Pluteus petasatus)

Die Runzeln des Runzeligen Dachpilzes befinden sich in der dunkleren Hutmitte und in Verbindung mit der hell rot- bis kastanienbraunen Farbe sind sie immerhin ein guter Hinweis auf seine Identität. Beim Seidigen Dachpilz ist schon mehr auf Verwechslungsmöglichkeiten zu achten.

Löwengelber Dachpilz (Pluteus leoninus) -- Gelbstieliger Dachpilz (Pluteus romellii)

Der Löwengelbe Dachpilz ist innerhalb der Gattung zweifelsfrei an seiner auffallenden Farbe zu erkennen. Auch der Gelbstielige ist aufgrund seiner gelben Stiele gut charakterisiert.

Flaumiger Dachpilz (Pluteus ephebeus) -- Grauer Dachpilz (Pluteus salicinus)

Diesen beiden (Flaumiger und Grauer Dachpilz) wird man meist nur mit systematischer Bestimmungsarbeit auf die Spur kommen und das bedeutet mikroskopieren! Der Graue Dachpilz wird auch Graugrüner Dachpilz genannt. Grünliche Farbtöne am Stiel (die oft auch fehlen) könnten ihn verraten und darüberhinaus auf einen Gehalt an halluzinogenen Alkaloiden hinweisen, wenn auch nur in sehr geringen Mengen. Dennoch ist er als Giftpilz einzustufen.

Bei den Dachpilzen ist ein besonderes Augenmerk auf die Lamellenschneiden zu richten. Bei einigen Arten sind sie anders gefärbt als die Lamellenflächen. Sie sind schwarz und flockig beim Schwarzflockigen Dachpilz Pluteus umbrosus …

Schwarzflockiger Dachpilz (Pluteus umbrosus)

… und beim Schwarzschneidigen Dachpilz Pluteus nigrofloccosus. Beide unterscheiden sich deutlich in Farbe und Beschaffenheit der Huthaut (vergleiche die beiden Fotos) und sind somit gut auseinanderzuhalten.

Schwarzschneidiger Dachpilz (Pluteus nigrofloccosus)

Selbst bei scheinbar typischen Kollektionen kommt man oft nicht um eine mikroskopische Überprüfung herum, wozu auch ein geeigneter Bestimmungsschlüssel herangezogen werden muss. Wichtig ist hier die Struktur der Hutdeckschicht, die aus langgestreckten, liegenden Zellen oder spindelig blasigen Elementen besteht. Von Bedeutung sind auch die Zystiden, wie sie geformt und wie groß sie sind, ob sie an der Spitze Haken haben und wenn ja wieviele. Ebenso wichtig sind die Septen der Hyphen, ob sie Schnallen tragen oder nicht. Diese Frage zu beantworten kann sehr mühsam sein, da die Schnallen sehr klein und unauffällig sein können und leicht übersehen werden.

Hyphen mit Schnallen an den Septen -- Pleurozystiden mit Haken an der Spitze

Die nachfolgende Tabelle zeigt die für eine Unterscheidung relevanten Merkmale von fünf Dachpilzarten mit Hakenzystiden auf:

Name Ökologie Hutoberfläche Geruch Schnallen an den Huthauthyphen
Pluteus cervinus
Rehbrauner Dachpilz
an Laub- und Nadelholz glatt schwach nach Rettich keine
Pluteus pouzarianus
Nadelholzdachpilz
an Nadelholz glatt geruchlos an 10 - 40% der Septen
Pluteus primus
Voreilender Dachpilz
an Nadelholz glatt nach Rettich an allen Septen
Pluteus brunneoradiatus
Braunfaseriger Dachpilz
an Laubholz deutlich radialfaserig unangenehm ranzig keine
Pluteus salicinus
Grauer Dachpilz
an Laubholz glatt schwach nach Rettich vorhanden

Bliebe zum Schluss noch die Frage nach dem Speisewert zu beantworten. Bis auf den Grauen (Graugrünen) Dachpilz Pluteus salicinus sind alle Arten ungiftig, aber kaum einen kann man mit gutem Gewissen als schmackhaften Speisepilz empfehlen, auch den häufigen Rehbraunen Dachpilz nicht.

Dachpilze im Fundkorb:

Pluteus cervinus = Rehbrauner Dachpilz
Pluteus ephebeus = Flaumiger Dachpilz
Pluteus exiguus = Feinschuppiger Dachpilz
Pluteus leoninus = Löwengelber Dachpilz
Pluteus nanus = Flockigbereifter Dachpilz
Pluteus nigrofloccosus = Schwarzschneidiger Dachpilz
Pluteus petasatus = Seidiger Dachpilz
Pluteus phlebophorus = Runzeliger Dachpilz
Pluteus podospileus = Samtiger Dachpilz
Pluteus pouzarianus = Nadelholzdachpilz
Pluteus primus = Voreilender Dachpilz
Pluteus romellii = Gelbstieliger Dachpilz
Pluteus salicinus = Grauer Dachpilz, Graugrüner Dachpilz
Pluteus umbrosus = Schwarzflockiger Dachpilz

Weiterführende Literatur:

  • German J. Krieglsteiner (Hrsg.): Die Großpilze Baden-Württembergs Band 4, Seite 243 - 276
  • Meinhard Moser: Die Röhrlinge und Blätterpilze, Seite 213 - 219
Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 29. August 2024