Dachpilze (Pluteus)
Dachpilze sind Blätterpilze, die saprobiontisch auf Totholz wachsen, das auch vermodernd im Boden vergraben sein kann. Weltweit gibt es ca. 50 Arten, etwa 40 davon sind auch in Mitteleuropa nachgewiesen. Sie haben alle rosafarbenes Sporenpulver, das einen leicht bräunlichen Beiton haben kann und bei Reife die hellen weißlichen Lamellen junger Pilze entsprechend verfärbt. Dachartig abgeflachte Hüte (Name!) kommen auch in zahlreichen anderen Gattungen vor.
Die Lamellen sind frei, das heißt, sie reichen nicht bis an den Stiel heran. Die vollfleischigen Stiele sind längsfaserig, haben weder einen Ring (Velum partiale) noch eine häutige Scheide am Stielgrund (Velum universale), und lassen sich leicht vom Hut abtrennen. Freie Lamellen und rosafarbenes Sporenpulver haben auch die Scheidlinge (Gattung Volvariella), die allerdings eine ausgeprägte häutige Scheide am Stiel besitzen.
Wirklich häufig ist nur der Rehbraune Dachpilz Pluteus cervinus. Das heißt aber nicht, dass er unverwechselbar wäre. Es gibt zahlreiche ähnliche Arten, die oft nur anhand mikroskopischer Merkmale unterschieden werden können. So beginnen die gebräuchlichen dichotomen Bestimmungsschlüssel bereits mit Fragen nach der mikroskopischen Beschaffenheit der Huthaut und der Zystiden.
Nicht gerade selten aber keinesfalls häufig sind die folgenden Arten:
Die Runzeln des Runzeligen Dachpilzes befinden sich in der dunkleren Hutmitte und in Verbindung mit der hell rot- bis kastanienbraunen Farbe sind sie immerhin ein guter Hinweis auf seine Identität. Beim Seidigen Dachpilz ist schon mehr auf Verwechslungsmöglichkeiten zu achten.
Der Löwengelbe Dachpilz ist innerhalb der Gattung zweifelsfrei an seiner auffallenden Farbe zu erkennen. Auch der Gelbstielige ist aufgrund seiner gelben Stiele gut charakterisiert.
Diesen beiden (Flaumiger und Grauer Dachpilz) wird man meist nur mit systematischer Bestimmungsarbeit auf die Spur kommen und das bedeutet mikroskopieren! Der Graue Dachpilz wird auch Graugrüner Dachpilz genannt. Grünliche Farbtöne am Stiel (die oft auch fehlen) könnten ihn verraten und darüberhinaus auf einen Gehalt an halluzinogenen Alkaloiden hinweisen, wenn auch nur in sehr geringen Mengen. Dennoch ist er als Giftpilz einzustufen.
Bei den Dachpilzen ist ein besonderes Augenmerk auf die Lamellenschneiden zu richten. Bei einigen Arten sind sie anders gefärbt als die Lamellenflächen. Sie sind schwarz und flockig beim Schwarzflockigen Dachpilz Pluteus umbrosus …
… und beim Schwarzschneidigen Dachpilz Pluteus nigrofloccosus. Beide unterscheiden sich deutlich in Farbe und Beschaffenheit der Huthaut (vergleiche die beiden Fotos) und sind somit gut auseinanderzuhalten.
Selbst bei scheinbar typischen Kollektionen kommt man oft nicht um eine mikroskopische Überprüfung herum, wozu auch ein geeigneter Bestimmungsschlüssel herangezogen werden muss. Wichtig ist hier die Struktur der Hutdeckschicht, die aus langgestreckten, liegenden Zellen oder spindelig blasigen Elementen besteht. Von Bedeutung sind auch die Zystiden, wie sie geformt und wie groß sie sind, ob sie an der Spitze Haken haben und wenn ja wieviele. Ebenso wichtig sind die Septen der Hyphen, ob sie Schnallen tragen oder nicht. Diese Frage zu beantworten kann sehr mühsam sein, da die Schnallen sehr klein und unauffällig sein können und leicht übersehen werden.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die für eine Unterscheidung relevanten Merkmale von fünf Dachpilzarten mit Hakenzystiden auf:
Name | Ökologie | Hutoberfläche | Geruch | Schnallen an den Huthauthyphen |
---|---|---|---|---|
Pluteus cervinus Rehbrauner Dachpilz |
an Laub- und Nadelholz | glatt | schwach nach Rettich | keine |
Pluteus pouzarianus Nadelholzdachpilz |
an Nadelholz | glatt | geruchlos | an 10 - 40% der Septen |
Pluteus primus Voreilender Dachpilz |
an Nadelholz | glatt | nach Rettich | an allen Septen |
Pluteus brunneoradiatus Braunfaseriger Dachpilz |
an Laubholz | deutlich radialfaserig | unangenehm ranzig | keine |
Pluteus salicinus Grauer Dachpilz |
an Laubholz | glatt | schwach nach Rettich | vorhanden |
Bliebe zum Schluss noch die Frage nach dem Speisewert zu beantworten. Bis auf den Grauen (Graugrünen) Dachpilz Pluteus salicinus sind alle Arten ungiftig, aber kaum einen kann man mit gutem Gewissen als schmackhaften Speisepilz empfehlen, auch den häufigen Rehbraunen Dachpilz nicht.
Dachpilze im Fundkorb:
Pluteus cervinus = Rehbrauner Dachpilz
Pluteus ephebeus = Flaumiger Dachpilz
Pluteus exiguus = Feinschuppiger Dachpilz
Pluteus leoninus = Löwengelber Dachpilz
Pluteus nanus = Flockigbereifter Dachpilz
Pluteus nigrofloccosus = Schwarzschneidiger Dachpilz
Pluteus petasatus = Seidiger Dachpilz
Pluteus phlebophorus = Runzeliger Dachpilz
Pluteus podospileus = Samtiger Dachpilz
Pluteus pouzarianus = Nadelholzdachpilz
Pluteus primus = Voreilender Dachpilz
Pluteus romellii = Gelbstieliger Dachpilz
Pluteus salicinus = Grauer Dachpilz, Graugrüner Dachpilz
Pluteus umbrosus = Schwarzflockiger Dachpilz
Weiterführende Literatur:
- German J. Krieglsteiner (Hrsg.): Die Großpilze Baden-Württembergs Band 4, Seite 243 - 276
- Meinhard Moser: Die Röhrlinge und Blätterpilze, Seite 213 - 219