Lactarius volemus
Brätling
Den fast schon legendären Brätling wird man m. E. in der Rhein-Main-Ebene vergeblich suchen, obwohl im Verbreitungsatlas (z. B. MTB 5919 = Seligenstadt) ein Fundpunkt eingetragen ist und er selbst aus dem flachen Schleswig-Holstein angegeben ist. Er benötigt kalkhaltige Böden und ist nach neuerer Literatur eher ab Mittelgebirgslagen als im Flachland zu finden. Seine Vorkommen gelten als stark rückläufig, weshalb er in den Roten Listen als gefährdete Art (RL 3) geführt wird. Ich selbst habe den stattlichen Pilz erst einmal gesehen (mit Walter Pätzold im Schwarzwald). In seinem Handbuch für Pilzsammler schreibt Andreas Gminder:
Der Brätling gehört zu den ganz wenigen Pilzarten, die auch roh verzehrt werden können. Wer die allgemeine Fuchsbandwurmhysterie nicht teilt, kann sich mit leicht gesalzenem Brätling auf Butterbrot ein leckeres Vesper bei der Pilzsuche gönnen.
Dr. Hans Haas schreibt in seinem 1964 in 9. Auflage erschienenen Buch Pilze Mitteleuropas:
Der Brätling stellt keine besonderen Ansprüche an Waldart und Boden, wenn er auch den Nadelbäumen weniger zugetan ist als dem Buchenwald. In manchen Gegenden gehört er zu den selteneren Pilzen. Dann werden oft andere rotbraune Arten dafür gehalten. Sie sind aber schmächtiger und haben niemals braun werdende Milch. Das Fleisch hat einen auffälligen, etwas an Hering erinnernden Geruch, dem sich ein widerwärtiger Nebengeruch beigesellt. Der Stiel ist kräftiger als bei allen ähnlich gefärbten Arten.
Auflistung brauner Milchlinge (Lactarius)*
Name | Ökologie | Milchsaft Farbe | Milchsaft Geschmack | Geruch | Häufigkeit |
---|---|---|---|---|---|
L. acris Rosaanlaufender M. |
auf Kalk, bei Buchen | weiß, wird sofort rosa | scharf | unauffällig | selten |
L. badiosanguineus Braunroter M. |
bei Fichten, höhere Lagen | weiß, evtl. etwas gilbend | mild, bald bitterlich | Blattwanzen | selten |
L. camphoratus Kampfer-M. |
bei Buchen und Fichten | weiß | mild, bald bitter | Kampfer, Maggi | ziemlich häufig |
L. fuligunosus Rußfarbener M. |
bei Buchen und Hasel | weiß | mild, bald scharf | unauffällig bis fruchtig | selten |
L. fuscus Dunkler Duft-M. |
bei Nadelbäumen | weiß | mild, bald scharf | Kokosflocken | nicht häufig |
L. hepaticus Leberbrauner M. |
bei Kiefern | weiß | mild | unauffällig | mäßig häufig |
L. obscuratus Erlen-M. |
bei Erlen | weiß | mild | unauffällig | mäßig häufig |
L. quietus Eichen-M. |
bei Eichen | hellgelb | mild | Blattwanzen | sehr häufig |
L. rufus Rotbrauner M. |
bei Nadelbäumen | weiß | scharf | harzig | häufig |
L. serifluus Wässriger M. |
bei Eichen | wässrig | mild | Blattwanzen | mäßig häufig |
L. subdulcis Süßlicher M. |
bei Buchen | weiß | mild, bald bitter | leicht nach Blattwanzen | sehr häufig |
L. volemus Brätling. |
Mischwald höhere Lagen | weiß | mild | Heringslake | selten |
* enthält Arten, die im Rhein-Main-Gebiet häufig oder gelegentlich vorkommen. Nicht enthalten sind ausgesprochen seltene Arten, die hier noch nicht nachgewiesen wurden. Zu beachten ist auch die Farbvariabilität vieler Pilze, also auch der Milchlinge. Als gelblich oder rötlich beschriebene Arten könnten auch mal als bräunlich interpretiert werden. Sie sind nicht in dieser Auflistung enthalten. Farbänderungen der austretenden Milch können am besten mit einem Papiertaschentuch verifiziert werden.
Aus Haas-Gossner (1964) stammt auch das hier gezeigte Aquarell von Gabriele Gossner